Wer in Österreich Wohnraum schaffen oder kaufen möchte, steht nicht nur vor der Herausforderung steigender Baukosten – auch die Fördermodelle unterscheiden sich je nach Bundesland erheblich. Besonders deutlich wird das im Vergleich zwischen Tirol und Vorarlberg. Das westlichste Bundesland trumpft mit einem besonders attraktiven Modell auf, welches sich auch für Tirol eignen würde.
Wie finanziere ich meinen Wohnraum? Rund um diese Thematik gab die Landesinnung Bau eine Studie über die aktuelle Situation in der Wohnbauförderung bei der GAW (Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung KG) in Auftrag. Die Ergebnisse sollen unter anderem aufzeigen, welche Unterschiede im Erwerb einer Wohnung im Bundesländervergleich vorherrschen. Das Fazit ist ernüchternd – Tiroler Haushalte müssen beträchtlich tiefer in die Geldtasche greifen als ihre Nachbarn in Vorarlberg.
„Würden Bedingungen wie die aktuellen Vorarlberger Einkommensgrenzen auf Tirol angewandt, wären in Tirol zusätzlich 17.500 Haushalte anspruchsberechtigt.“
Mag. Stefan Jenewein, Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung
Tirol: Strenge Kriterien für Wohnungserwerb
Wer in Tirol eine Eigentumswohnung kaufen will, kann unter eingeschränkten Voraussetzungen eine Wohnbauförderung beantragen. Ob ein Wohnungskauf förderwürdig ist, hängt unter anderem vom Einkommen und dem Eigenmittelanteil (mindestens 5 %) ab. Zudem muss sie als Hauptwohnsitz gemeldet werden, energieeffizient gebaut und darf maximal 150 m² groß sein. Gewährt wird entweder ein zinsgünstiger Kredit oder ein nicht rückzahlbarer Zuschuss in Form eines Wohnbauschecks. Um die tatsächlichen Mehrkosten abzufedern – besonders im Neubau – reicht dies oftmals nicht aus. Mag. Stefan Jenewein von der GAW belegt den Mehraufwand laut Studie mit dem folgenden Ergebnis: Die monatliche Belastung aus der Finanzierung der Eigentumswohnung ist in Tirol um 490 Euro höher als in Vorarlberg. Ausschlaggebend für diese gravierenden Unterschiede sind die in Tirol festgelegten Höchstgrenzen für Einkommen und Kaufpreis. Diese Nachteile für den Tiroler Haushalt wiegen umso schwerer, als gleichzeitig die Einkommen in Tirol geringer sind als in Vorarlberg.

Vorarlberger Förderstrategie als Best Practice
Hohes Darlehen, verpflichtende Energieberatung und Bonuspunkte für regionale Materialien sind zentrale Bausteine im Vorarlberger Modell. Wohnraumschaffende in Vorarlberg profitieren von einem bis zu 220.000 Euro hohem Darlehen. Alternativ kann im Förderungsantrag eine Fixverzinsung über die gesamte Laufzeit von 35 Jahren in Höhe von 1,25 % gewählt werden.
Es soll insbesondere jungen Familien den Erwerb von Eigentum erleichtern, indem es hilft, die erforderliche Eigenmittelquote zu erreichen und die monatlichen Finanzierungskosten zu reduzieren. Würden Bedingungen wie die aktuellen Vorarlberger Einkommensgrenzen auf Tirol angewandt, wären in Tirol zusätzlich 17.500 Haushalte anspruchsberechtigt.
Verdichtetes Bauen: Ein unterschätzter Hebel
Jenewein bringt einen weiteren spannenden Aspekt ein: Durch eine Erhöhung der Nettonutzflächendichte um 0,2 (bspw. von 0,45 auf 0,65) in Mehrwohnungshäusern können die Kosten massiv gesenkt werden. Konkret ergibt das bei einer 65 m²-Wohnung eine Ersparnis von 44.400 Euro.
Belastung durch staatliche Abgaben
Die Studie zeigt auch die Zusammensetzung der Gesamtkosten einer Wohnung deutlich auf:
- 44,1 % entfallen auf Errichtungskosten
- 15,2 % auf den Grundstückspreis
- 40,7 % auf Steuern, Abgaben, Gebühren und Sozialversicherungsbeiträge

Demnach ist der Kostenanteil an die öffentliche Hand nur geringfügig niedriger als der Anteil für Bau- und Errichtungskosten. Verständlich, dass die Forderung nach Reformen immer lauter wird. Die Landesinnung Bau sowie Experten wie Jenewein sprechen sich dafür aus, das Vorarlberger Fördermodell auch in Tirol zu übernehmen.
„Vorarlberg unterstützt mit einem durchdachten Fördersystem nachhaltiges und leistbares Wohnen. Die strengen Kriterien seitens der Banken für private Wohnraumfinanzierung werden dadurch entschärft, wovon vor allem junge Menschen und Familien profitieren.“
Mag. Stefan Jenewein, Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung
Fazit
Der Vergleich zeigt klar, dass es in der Tiroler Wohnbauförderung in diesem Bereich dringenden Handlungsbedarf gibt.