Bauen im Bestand – Verdichtung als Chance für leistbaren Wohnraum

Tirol wächst – nicht nur, was die Bevölkerung betrifft. Tirol zählt seit Jahren zu den Bundesländern mit der höchsten Nachfrage nach Wohnraum. Doch freie Flächen für Neubauten sind begrenzt, Bodenpreise hoch und Baulandreserven knapp. Vor diesem Hintergrund gewinnt das Bauen im Bestand und insbesondere die Nachverdichtung zunehmend an Bedeutung. Ohne dabei zusätzlichen Boden zu versiegeln, eröffnet sich somit eine Möglichkeit, leistbaren Wohnraum zu schaffen.
4. September 2025

Warum ist Verdichtung gerade in Tirol so wichtig? Tirols Grund und Boden ist kostbar. Die Tiroler Topografie stellt Planer und Bauträger vor besondere Herausforderungen: Steile Hänge, enge Täler und strenge Raumordnungsauflagen lassen wenig Spielraum für großflächige Neubauprojekte. Stattdessen gilt es, den vorhandenen Bestand intelligent zu nutzen – sei es durch Aufstockungen, Dachausbauten oder die Umnutzung bestehender Gebäude. Darunter fallen zum Beispiel nicht genutzte Betriebsobjekte, landwirtschaftliche Gebäude oder ehemalige Gasthöfe.

„Tirol braucht jährlich fast 4.000 neue Wohnungen, doch unser Boden ist knapp und teuer. Nachverdichtung ist daher nicht nur eine ökologische, sondern vor allem eine wirtschaftlich sinnvolle Lösung.“

Patrick Weber, Landesinnungsmeister der Bauinnung Tirol

Verdichtung als Antwort auf den steigenden Wohnraumbedarf

Bauen im Bestand und Verdichtung sind kein Notbehelf, sondern eine zukunftsorientierte Strategie. Sie vereint nachhaltige Flächennutzung, den Erhalt gewachsener Strukturen und die Chance, leistbaren Wohnraum in Tirol zu sichern. Die Vorteile, die sich daraus ergeben liegen auf der Hand:

  • Effiziente Infrastruktur: Nachverdichtung nutzt bestehende Straßen, Leitungen, Schulen und öffentliche Verkehrsmittel. Das reduziert Kosten und Belastungen für Gemeinden.
  • Geringere Bau- und Erschließungskosten: Wer im Bestand baut, spart im Vergleich zu Neubauprojekten auf unbebauten Flächen häufig hohe Aufwendungen für Zufahrten, Leitungen oder technische Erschließung.
  • Förderungen: Bund und Land Tirol unterstützen Sanierungen und Bestandsumbauten mit verschiedenen Förderprogrammen, gerade bei entsprechenden Energieeffizienzmaßnahmen.

Vielfältige Ansätze der Nachverdichtung

Nachverdichtung bedeutet mehr als nur die Schaffung zusätzlicher Wohnungen im Bestand. Sie umfasst eine Vielzahl baulicher und planerischer Maßnahmen, die gezielt ineinandergreifen. So können etwa ungenutzte Dachböden durch moderne Leichtbaukonstruktionen in energieeffizente Wohneinheiten verwandelt werden, während bei Aufstockungen tragende Strukturen gezielt verstärkt und die Haustechnik auf den neuesten Stand gebracht wird. Auch bei Sanierungen älterer Wohnanlagen lässt sich durch die Optimierung von Grundrissen zusätzlicher Wohnraum schaffen, beispielsweise durch kleinere, kompaktere Einheiten für Singles oder ältere Menschen. Ergänzend spielt die Gestaltung der Außenbereiche eine Rolle. Wenn Stellplätze besser organisiert oder Tiefgaragen ergänzt werden, entsteht Platz für neue Baukörper im Hof- oder Randbereich bestehender Anlagen. Durch diese Kombination von baulichen Eingriffen und intelligenter Flächenplanung wird Nachverdichtung zu einem Instrument, das Wohnraum nicht nur vermehrt, sondern zugleich dessen Qualität steigert.

Land Tirol zeichnet innovative Baukultur aus

Bereits seit 1996 zeichnet das Land Tirol Bauten aus, die in Bezug auf Ästhetik, Funktionalität und Umweltgestaltung als vorbildhaft gelten. Die Auszeichnung erfolgt gemeinsam mit der Kammer der Ziviltechniker:innen | Arch+Ing Tirol und Vorarlberg – Sektion Architekt:innen, der ZV – Zentralvereinigung der Architekt:innen Österreichs, Landesverband Tirol und aut. architektur und tirol. 2024 wurden vor allem Projekte mit Fokus auf nachhaltige Baukultur ausgezeichnet. Dabei stand qualitätsvolle Nachverdichtung, Respekt vor Bestand und „Upcycling“ im Vordergrund. Die Auszeichnungen zeigen auf, dass das Thema mehr als aktuell ist und in Tirol künftig eine zunehmende Rolle spielen wird. Zudem sind sie ein zusätzlicher Anreiz für ressourcenschonende Bauweise und schonenden Umgang mit Bestand. Die nächsten Auszeichnungen werden 2026 vergeben.

Nominiertes Projekt: Gebäudegruppe mit Innenhof, Sanierung, Zubau und Neubau, Wörgl, 2021 – 2024 (Architektur: Antonius Lanzinger) – © David Schreyer
Nominiertes Projekt: Gebäudegruppe mit Innenhof, Sanierung, Zubau und Neubau, Wörgl, 2021 – 2024 (Architektur: Antonius Lanzinger) – © David Schreyer

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